Zeitenwende: Rüsselsheim zwischen Tradition, Hochschule und Zukunft

Was ist uns die Freiheit wert!

05.09.2025 | Rüsselsheim, durch seine Automobilgeschichte geprägt, steht heute am Scheideweg: zwischen industrieller Vergangenheit, akademischer Forschung und den Möglichkeiten einer Zukunft, die weit über klassische Branchen hinausdenken kann. Der große strukturelle Wandel – sichtbar an den freiwerdenden Industrieflächen – und die Präsenz der Hochschule RheinMain machen die Stadt zu einer interessanten Spielwiese für Innovation und Neuausrichtung, auch in Bereichen wie Sicherheit und Verteidigung.

Zeitenwende: Freie Flächen und neue Chancen

Mit dem Rückbau der Opel-Flächen hat Rüsselsheim riesige Areale gewonnen, die auf neue Nutzungen warten. Diese Flächen – wie „Rüsselsheim West“ oder das Eselswiese-Gebiet – sind nicht nur planerisch, sondern auch symbolisch bedeutsam. Sie stehen für den Abschluss einer Ära und den Aufbruch in eine neue Phase der Stadtentwicklung. In einer Zeit, in der Wirtschaftsförderung und Technologiebranche zunehmend auf Innovation, Technologie- und Sicherheitsaspekte schauen, bieten sie Raum für gewerbliche Ansiedlungen – auch für Unternehmen, die im Bereich von Defense- oder Sicherheitstechnologien aktiv sind. Hier gäbe es das Potenzial, Rüsselsheim als Standort für zukunftsorientierte Industrie neu zu positionieren, zumal die Lage am Main und die Infrastruktur günstig sind.

Rüsselsheim Defence Center
Rüsselsheim Defence Center

Hochschule RheinMain: Keine Rüstungsforschung – aber keine Zivilklausel

Die Hochschule RheinMain, vor allem der Campus Ingenieurwissenschaften in Rüsselsheim, sitzt mitten im Areal des Strukturwandels. Sie hat – anders als viele andere Hochschulen – keine Zivilklausel. Das bedeutet, dass es keine explizite Verpflichtung gibt, militärische Forschung auszuschließen. In der Praxis gibt es bislang keine Hinweise, dass die Hochschule aktiv in Rüstungsforschung engagiert ist; die Forschungsschwerpunkte liegen bei Mobilität, Energie, Umwelttechnik und verwandten Gebieten. Aber: Die Tür ist offen, denn formal gibt es keine Hürde, etwa Kooperationen mit der Industrie im Bereich Sicherheit oder Verteidigung einzugehen. Die Transparenz der Hochschule bei Drittmitteln ist ein positives Zeichen – eine aktive Diskussion darüber, in welche Richtung die Hochschule und damit die Stadt sich entwickeln wollen, steht aber noch aus.

Rüsselsheim im Kontext der „Zeitenwende“

Der Bund setzt seit der „Zeitenwende“ auf eine Stärkung der Verteidigungsindustrie. Viele Bundesländer und Regionen, besonders Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, haben sich lautstark als Standorte für Rüstung, Technologie und Innovation positioniert. In Hessen – und damit auch in Rüsselsheim – ist eine solche Debatte kaum hörbar. Das überrascht, weil die Stadt über exzellente industrielle Voraussetzungen, ein umfangreiches Flächenangebot und eine starke Hochschule verfügt. Die Gründe für das Schweigen mögen vielfältig sein – PR-Ängste, politische Skepsis, ein klassisch zivil geprägtes Selbstverständnis – aber es gibt das Risiko, dass Rüsselsheim bei der Verteilung der Milliarden für Innovation und Sicherheit leer ausgeht, weil es sich nicht zu Wort meldet.

Rüsselsheim Defence Center - Was ist uns die Freiheit wert?
Rüsselsheim Defence Center – Was ist uns die Freiheit wert?

Handlungsfelder für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

Für Rüsselsheim und die Region stellt sich also die Frage: Wollen wir uns der Herausforderung stellen, eine Rolle in der neuen Wirtschaftspolitik zu suchen? Die Antwort hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Wirtschaft: Gibt es lokale Unternehmen, die bereit sind, in sicherheitsrelevanten oder rüstungsnahen Bereichen zu investieren und zu expandieren? Die freiwerdenden Flächen könnten gezielt für solche Firmen vermarktet werden.
  • Hochschule: Will die Hochschule ihre Forschungsaktivitäten etwaige erweitern oder gezielt weiterhin auf klassische MINT-Fächer und Nachhaltigkeit setzen? Die fehlende Zivilklausel birgt Chancen, wirft aber auch die Frage nach gesellschaftlicher Akzeptanz auf.
  • Politik und Gesellschaft: Welche Vision hat die Stadt für ihre Zukunft? Wird ein neuer Masterplan diskutiert, der Industrieflächen und Hochschule als Partner für eine innovative, auch sicherheitsorientierte Wirtschaftspolitik begreift? Oder soll Rüsselsheim weiter „business as usual“ betreiben?

Fazit: Rüsselsheim hat die Wahl, kann aber nicht abwarten

Rüsselsheim steht nicht im Zentrum der aktuellen Debatte um Sicherheit und Verteidigung, hat aber die Mittel, sich einzubringen – Flächen, Know-how, Hochschule und Industriekultur. Ob sich daraus eine neue Rolle für die Stadt entwickelt, hängt von drei Faktoren ab: vom Willen der Wirtschaft, sich zu engagieren; vom Mut der Politik, neue Wege zu beschreiten; und vom gesellschaftlichen Diskurs darüber, was akzeptabel ist.

Die Stadt könnte sich mit ihrer Hochschule und den freiwerdenden Flächen zu einem Innovationshub entwickeln, der auch Sicherheits- und Verteidigungstechnologien umfasst. Oder sie bleibt zurück, weil die Chancen ungenutzt bleiben.

Rüsselsheim braucht einen klaren Kurs, um nicht zwischen den Zeitenwenden verloren zu gehen. Es ist an der Zeit, die Chancen zu erkennen, an die Tische der Bundes- und Landespolitik zu gehen und die eigene Rolle im Netzwerk der neuen europäischen Industrie- und Innovationspolitik selbstbewusst zu gestalten. Das bedeutet nicht, sich blindlings für Rüstungsforschung zu öffnen, aber eben auch nicht, vor schwierigen Themen zu schweigen.

Die Stadt am Main hat mehr Potenzial, als sie derzeit genutzt wird. Die Frage ist: Wird Rüsselsheim weiter schweigen – oder endlich laut und selbstbewusst nach seiner Rolle in der Zukunft fragen?


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Meine Qualifikation

Achim Weidner

Achim Weidner ist ein Kenner des Internets, des Datenschutzes, der Datensicherheit, der sozialen Medien und der generativen KI. Mit über 20 Jahren Erfahrung hilft er Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen, digitale Herausforderungen zu meistern und fundierte Entscheidungen zu treffen. Er vermittelt verständliches Wissen, bietet praxistaugliche Lösungen und gibt strategische Impulse, damit seine Kunden digitale Chancen sicher und effizient nutzen können. Sein Ansatz verbindet technisches Know-how mit rechtlicher und strategischer Weitsicht, um nachhaltige und sichere digitale Strukturen zu schaffen.

Achim Weidner ist nicht nur Berater, sondern auch Navigator und Dialogpartner. Er kombiniert Fachwissen mit klarer, praxisorientierter Kommunikation und bietet digitale Lösungen, die funktionieren und echten Mehrwert schaffen. Er ist in Rüsselsheim (Kreis Groß-Gerau), in der Region Frankfurt RheinMain und bundesweit tätig.

Achim Weidner ist Absolvent des Zertifizierungsprogramms „Rechtliche Aspekte der IT- und Internet-Compliance“ der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Dieses Programm deckt Datenschutz, Datensicherheit, Internetrecht sowie Computer- und Internetstrafrecht ab, ergänzt durch technische Datensicherheit. Zudem ist er zertifizierter Social Media Manager (IHK) und KI-Manager. Er koordiniert extern den Datenschutz, fungiert als externer Datenschutzbeauftragter und unterstützte #aiineurope.

Horizonterweiterung bei openHPI

Sustainability in the digital age: Environmental Impacts of AI Systems +++ KI-Biases verstehen und vermeiden +++ Profitable AI +++ Einführung in das Quantencomputing – Teil 1 +++ Digitale Medizin – Was ist ethisch verantwortbar? +++ Digitale Privatsphäre: Wie schütze ich meine persönlichen Daten im Netz? +++ Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen in der Praxis +++ Blick hinter den Hype: Aktuelle Entwicklungen rund um KI, Blockchain und IoT +++ ChatGPT: Was bedeutet generative KI für unsere Gesellschaft? +++ KI und Datenqualität – Perspektiven aus Data Science, Ethik, Normung und Recht +++ Blockchain: Hype oder Innovation? +++ Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen für Einsteiger +++ Blockchain – Sicherheit auch ohne Trust Center

Referententätigkeit

Achim Weidner war als Referent an der Volkshochschule Rüsselsheim und VHS Frankfurt am Main und für die Konrad Adanauer Stiftung tätig, wobei seine Schwerpunkte auf gesellschaftlichen und technologischen Fragestellungen lagen. Zu seinen Vortragsthemen zählten unter anderem: Künstliche Intelligenz (KI), Roboter, Atomforschung, Teilchenbeschleuniger, Digitalisierung, Silicon Valley, Neue Seidenstraße.